Freitag,
5. September 2003
100 DRESDNER DES JAHRHUNDERTS
Ein Imperator, der Kinoträume auf die Leinwand zauberte
Alexander Ernemann

Die "Ermanox" - klein, handlich und unauffällig im Gebrauch - erschließt ein Wunderland der Photographie! Das wusste auch Dr. Erich Salomon. Jener "König der Indiskreten" machte mit ihr seine provokanten Aufnahmen in Salons und Gerichtssälen, ohne "Blitzgewitter" versteht sich, ganz diskret! Das war 1925. Der Produzent dieses Schnappschusswunders, Heinrich Ernemann, war da schon 75 Jahre alt. 1928 starb der Dresdner Kamerapionier, der 1889 mit der Übernahme mit einer kleinen "Cameratischlerei" in einem Hintergebäude auf der Güterbahnhofstraße sein Werk begonnen hatte. Nun trat der inzwischen 50jährige Sohn Carl Heinrich Alexander, der eigentliche Macher des Unternehmens, das inzwischen zur Zeiss Ikon AG fusioniert war, sein Erbe an.

Eigentlich wollte Ernemann jun., der am 3. Juni 1878 in Dresden zur Welt kam, nach dem Besuch der Oberrealschule am liebsten auf den Spuren des Afrikaforschers Sir Stanley in die weite Welt hinaus. Die "Neue Welt" und Technik sollte es dann werden, die den jungen Mann nach einem Studium an der Höheren Gewerbeschule in Chemnitz und einer Anstellung bei AEG in Berlin zu faszinieren begann. Bei Western Electric in Chicago brachte es der Dresdner in nur vier Jahren zum Betriebsleiter für automatische Telefone. Und in seiner Freizeit verwirklichte er noch den Traum seiner Jugend, reiste und forschte in Indianerreservaten. Im Jahre 1904 wurde der hartnäckig wiederkehrende Rückruf aus dem Elternhaus so laut, dass "schließlich Familiensinn und Heimatgefühl" den Sieg davontrugen. Ziemlich lustlos trat der 26-Jährige in die väterliche Firma ein.

Für die Ernemann AG indes erwies sich dieser Schritt als wahrer Glücksfall. Der Junior Chef verwertete seine US-amerikanischen Erfahrungen im väterlichen Betrieb, dessen technische Leitung er 1910 übernahm. Ein Jahr zuvor war ihm die Konstruktion des ersten deutschen Stahlprojektors gelungen. Der "Imperator" begründete den Weltruf der Dresdner Kinomaschinen. Auf dem expandierenden Markt konnten sich auch die "Spiegel Reflex-Camera" oder die "Rundblick-Camera" mit der Lichtgöttin als eingetragene Schutzmarke sehen lassen. Vor Ausbruch des Krieges im Osten war die Zeiss Ikon AG Dresden mit all ihren Zweigwerken Europas größter Kamerahersteller.

Die Bombennacht vom 13. Februar l945 überstand das Werk auf der Schandauer Straße recht glimpflich, die Enteignungswelle von 1946 jedoch nicht. Um einer Verhaftung zu entgehen, setzte sich der Unternehmer mit seiner Familie auf abenteuerlichem Wege nach Süddeutschland ab und ließ sich dann in Stuttgart nieder, wo heute noch die 1922 in Dresden geborene Tochter Rosemarie Ernemann lebt. Der Exil-Dresdner betrieb den Wiederaufbau des Unternehmens in der Stadt am Neckar und leitete in einem neuen Zweigwerk in Kiel die Fertigung moderner Tonfilmanlagen. Zahlreiche Auszeichnungen wurden dem Unternehmer und Konstrukteur zuteil. Er war auch der erste Deutsche, dem die Society of Motion Picture and Television Engineers, New York, 1956 die Ehrenmitgliedschaft verlieh. Am 14. Oktober 1956 starb Dr. phil.h.c. Alexander Ernemann in Stuttgart.

An der Schandauer Straße in Striesen steht das Wahrzeichen der Dresdner Fotoindustrie, der Ernemannturm. Der 48 Meter hohe Kuppelbau aus Eisenbeton wurde 1923 von den Architekten Hogg & Müller errichtet. Die Kuppel sollte eine Sternwarte aufnehmen. Dazu kam es nicht. Das Unternehmen selbst war ein Stern am Himmel der Dresdner Kinofilm- und Fotoindustrie.

Siegfried Thiele



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