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Alexander ErnemannDie
"Ermanox" - klein, handlich und unauffällig im Gebrauch - erschließt ein
Wunderland der Photographie! Das wusste auch Dr. Erich Salomon. Jener "König
der Indiskreten" machte mit ihr seine provokanten Aufnahmen in Salons und
Gerichtssälen, ohne "Blitzgewitter" versteht sich, ganz diskret! Das war
1925. Der Produzent dieses Schnappschusswunders, Heinrich Ernemann, war da
schon 75 Jahre alt. 1928 starb der Dresdner Kamerapionier, der 1889 mit der
Übernahme mit einer kleinen "Cameratischlerei" in einem Hintergebäude auf
der Güterbahnhofstraße sein Werk begonnen hatte. Nun trat der inzwischen
50jährige Sohn Carl Heinrich Alexander, der eigentliche Macher des Unternehmens,
das inzwischen zur Zeiss Ikon AG fusioniert war, sein Erbe an. Eigentlich
wollte Ernemann jun., der am 3. Juni 1878 in Dresden zur Welt kam, nach dem
Besuch der Oberrealschule am liebsten auf den Spuren des Afrikaforschers
Sir Stanley in die weite Welt hinaus. Die "Neue Welt" und Technik sollte
es dann werden, die den jungen Mann nach einem Studium an der Höheren Gewerbeschule
in Chemnitz und einer Anstellung bei AEG in Berlin zu faszinieren begann.
Bei Western Electric in Chicago brachte es der Dresdner in nur vier Jahren
zum Betriebsleiter für automatische Telefone. Und in seiner Freizeit verwirklichte
er noch den Traum seiner Jugend, reiste und forschte in Indianerreservaten.
Im Jahre 1904 wurde der hartnäckig wiederkehrende Rückruf aus dem Elternhaus
so laut, dass "schließlich Familiensinn und Heimatgefühl" den Sieg davontrugen.
Ziemlich lustlos trat der 26-Jährige in die väterliche Firma ein. Für
die Ernemann AG indes erwies sich dieser Schritt als wahrer Glücksfall. Der
Junior Chef verwertete seine US-amerikanischen Erfahrungen im väterlichen
Betrieb, dessen technische Leitung er 1910 übernahm. Ein Jahr zuvor war ihm
die Konstruktion des ersten deutschen Stahlprojektors gelungen. Der "Imperator"
begründete den Weltruf der Dresdner Kinomaschinen. Auf dem expandierenden
Markt konnten sich auch die "Spiegel Reflex-Camera" oder die "Rundblick-Camera"
mit der Lichtgöttin als eingetragene Schutzmarke sehen lassen. Vor Ausbruch
des Krieges im Osten war die Zeiss Ikon AG Dresden mit all ihren Zweigwerken
Europas größter Kamerahersteller. Die
Bombennacht vom 13. Februar l945 überstand das Werk auf der Schandauer Straße
recht glimpflich, die Enteignungswelle von 1946 jedoch nicht. Um einer Verhaftung
zu entgehen, setzte sich der Unternehmer mit seiner Familie auf abenteuerlichem
Wege nach Süddeutschland ab und ließ sich dann in Stuttgart nieder, wo heute
noch die 1922 in Dresden geborene Tochter Rosemarie Ernemann lebt. Der Exil-Dresdner
betrieb den Wiederaufbau des Unternehmens in der Stadt am Neckar und leitete
in einem neuen Zweigwerk in Kiel die Fertigung moderner Tonfilmanlagen. Zahlreiche
Auszeichnungen wurden dem Unternehmer und Konstrukteur zuteil. Er war auch
der erste Deutsche, dem die Society of Motion Picture and Television Engineers,
New York, 1956 die Ehrenmitgliedschaft verlieh. Am 14. Oktober 1956 starb
Dr. phil.h.c. Alexander Ernemann in Stuttgart. An
der Schandauer Straße in Striesen steht das Wahrzeichen der Dresdner Fotoindustrie,
der Ernemannturm. Der 48 Meter hohe Kuppelbau aus Eisenbeton wurde 1923 von
den Architekten Hogg & Müller errichtet. Die Kuppel sollte eine Sternwarte
aufnehmen. Dazu kam es nicht. Das Unternehmen selbst war ein Stern am Himmel
der Dresdner Kinofilm- und Fotoindustrie. Siegfried Thiele
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